Klimastadtvertrag_Blogbeitragsbild
Bild: © engel.ac – stock.adobe.com
 

Beginnen wir am Anfang
Hat man die Nachrichten der letzten Jahre verfolgt, ist eins unschwer zu erkennen –extreme Wetterbedingungen wie schwere Regenfälle, Überschwemmungen oder Hitzewellen treten auch in unserer Region vermehrt auf. Erdrutsche, Dürren, steigende Meeresspiegel, Ozeanversauerungen, Verminderung der Artenvielfalt und die rasche klimatische Veränderung sind global wahrnehmbar. Fakt ist, der Klimawandel betrifft uns alle und aus diesem Grund gilt es, gemeinsam realistische Lösungen zu finden, um diesen Veränderungen entgegenzuwirken. Sowohl im „Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG)“, als auch im „Europäischen Klimagesetz“, wird eine Klimaneutralität bis 2050 definiert – das betrifft sowohl Deutschland als auch die Europäische Union (EU). Die Neutralität ist notwendig, um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen – ein Schwellenwert, der vom Weltklimarat nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und Bewertungen als notwendig festgelegt wurde, um potenziell katastrophalere Auswirkungen eines stärkeren Klimawandels zu minimieren. Dieses Ziel ist auch im Pariser Klimaabkommen festgelegt, welches von 195 Staaten, einschließlich der EU, unterzeichnet wurde.
 

Aber was hat das mit der Stadt Aachen zu tun?
Aachen ist Vorreiterin – in NRW, in Deutschland und in Europa. Die Klimaschutzziele wurden per Ratsbeschluss vom 22. Januar 2020 an die aktuelle globale Situation angepasst. Als erste Stadt in Deutschland berücksichtigt Aachen das ihr anteilig verbleibende Restbudget an Treibhausgasen, um die Erderwärmung gemäß der Pariser Klimaziele auf unter 2 Grad Celsius – möglichst bei 1,5 Grad Celsius – zu halten. Dies führt zu diesem ambitionierten Ziel der Klimaneutralität bis 2030. Die Neutralität wird dann erreicht, wenn ein Gleichgewicht zwischen Kohlenstoffemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre hergestellt ist. Das heißt, dass im Jahr 2030 Aachen nicht mehr Treibhausgase freisetzt als durch Kohlenstoffbindung ausgeglichen wird.
 

Ein ambitioniertes Ziel – aber wie sieht eine realistische Umsetzung aus?
Die Stadt Aachen beteiligt sich aktiv an der EU-Mission „100 Climate-Neutral and Smart Cities by 2030“ und wurde ausgewählt, eine Vorbildfunktion für europäische Städte einzunehmen. Um eine strukturierte, priorisierte und messbare Umsetzung des Ziels zu gewährleisten, stellt der sogenannte „Klimastadtvertrag“ ein wichtiges Werkzeug zur Zielerreichung dar. Hierbei handelt es sich um einen Maßnahmenkatalog, der zyklisch fortgeschrieben wird. Als Basis diente die überarbeitete Fassung des Klimaschutzkonzepts der Stadtverwaltung Aachen. Aber schon bei der Ausarbeitung wurde klar, dass zur Erreichung dieses Ziels verschiedene Handlungsfelder und die damit einhergehenden Risiken bedacht und aktiv weiterentwickelt werden müssen. Die Agenda sieht folgende Handlungsfelder vor:

1. Die energetische Gebäudesanierung und der Ausbau erneuerbarer Energien
Eine hohe CO2-Reduktion erhofft man sich besonders durch den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen. Allerdings können der finanzielle Aspekt sowie Bedenken bezüglich der Tragfähigkeit von Dachkonstruktionen zu Realisierungshemmnissen führen.

2. Elektrifizierung von Raum- und Prozesswärme
Insbesondere die Reformation von historisch gewachsenen Prozessen und die Verfügbarkeit von Hochtemperaturwärmepumpen stellt eine Herausforderung dar, die es mit innovativen Lösungen zu überwinden gilt.

3. Stoff- und Prozesseffizienz 
Dieses Handlungsfeld kann nur in Kooperation mit der Industrie optimiert werden. Eine Bereitschaft zur Entwicklung der Prozesseffizienz, mit Berücksichtigung der Ressourcenschonung, ist hier zu betonen. Dabei sollen Unternehmen ermutigt werden, ihre Prozesse zu überdenken und effizienter zu gestalten.

4. Wasserstoff als Ersatz für fossile Brennstoffe 
Dieser Option steht man noch kritisch gegenüber, da die unsichere Verfügbarkeit und die hohen Kosten bedacht werden müssen. Allerdings plant die Stadt Aachen ein, die Verfügbarkeit zu verbessern und einen Anreiz zur Nutzung zu schaffen.

5. Genehmigungs- und Planungsrecht 
Eine der größten Herausforderungen stellt die Anpassung von zeitaufwändigen bürokratischen Prozessen dar. Innerhalb des Genehmigungs- und Planungsrecht soll eine Prüfung erfolgen, die Vorgänge beschleunigt und Hemmnisse minimiert.

6. Finanzielle Anreize für Unternehmen 
Die Anknüpfung von Grund- oder Gewerbesteuern an unternehmerische Klimaschutzmaßnahmen soll Unternehmen motivieren, CO2-Verminderungsstrategien zu entwickeln. Die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Politik und Verwaltung wird als Schlüssel für den Erfolg angesehen.

7. Kommunikation und Sensibilisierung 
Eine verstärkte und transparente Kommunikation über Wege zur Klimaneutralität soll die Begeisterung und Motivation zur Mitgestaltung innerhalb der Bevölkerung anregen. Ein neues Konzept für die Kommunikationsstrategie soll ausgearbeitet werden. Dabei soll die Vielfalt der Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, eine Sensibilisierung angereizt und das Bewusstsein für die Dringlichkeit der Klimaneutralität geschärft werden.

8. Fachkräftemangel und Bildung
Angesichts des stetig wachsenden Fachkräftemangels wird auf eine breite Aufklärungskampagne gesetzt, welche ein gesteigertes Interesse an einer Ausbildung von Fachkräften im Bereich der nachhaltigen Technologien wecken soll.

9. Digitale Transformation
Eine umfassende digitale Transformation wird angestrebt, um die Klimaziele zu unterstützen. Von der Digitalisierung im Verkehrsbereich bis zur transparenten Gestaltung der Wärmewende werden digitale Instrumente als entscheidende Werkzeuge betrachtet.

Fazit: Schon bei der Ausarbeitung des Klimaschutzkonzepts der Stadtverwaltung Aachen und dem Zusammentragen der Handlungsfelder wurde klar, dass das Ziel Klimaneutralität bis 2030 nicht allein durch die Stadt, sondern nur interdisziplinär erreicht werden kann. Wir alle sind gefragt: Unternehmen, Institutionen, Industrie, Dienstleistung, Wirtschaft, Wissenschaft, Sport, Kultur, Initiativen, Interessensvertreter und -vertreterinnen, sowie die Zivilgesellschaft. Wir alle müssen unseren Beitrag leisten, verbindlich und als Team. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen müssen, unter Beachtung der Chancen und Risiken, eine effiziente zielgerichtete Nutzung anstreben. Die 30-jährige Erfahrung in der Klimaschutzarbeit, die engagierte Stadtverwaltung, welche sich verstärkt für den Umweltschutz einsetzt, die Präsenz von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Start-ups, sowie die transparente Kommunikation stimmen die Stadt Aachen positiv, dieses ambitionierte Ziel zu erreichen.


Was hat das mit der LINEAR GmbH zu tun?
Für uns bei LINEAR ist das Engagement für soziale und nachhaltige Projekte eine Herzensangelegenheit. Aus diesem Grund unterstützen wir soziale Einrichtungen (Lesen Sie hierzu auch gerne unseren Blogbeitrag zu den „LINEAR Weihnachtsspenden 2023“) und leisten darüber hinaus unseren Beitrag zur CO2-Neutralität und Müllvermeidung. Als ansässiges Unternehmen in Aachen möchten wir aktiv Verantwortung übernehmen, um mitzuhelfen, aktuellen und zukünftigen Generationen einen lebenswerten Planeten zu erhalten. Zur Unterstützung der Stadt Aachen bei der Umsetzung eines effektiven und zielgerichteten Klimaschutzes haben wir, gemeinsam mit 131 anderen Unternehmen (Stand 27.02.2024), ein Commitment abgegeben. In unserem Fall haben wir uns als „Basispartner“ positioniert, was bedeutet, dass wir der Stadt Aachen beratend zur Seite stehen. Das beinhaltet die Bereitstellung unserer Erfahrungen in Bezug auf selbst umgesetzte CO2-Reduzierungsmaßnahmen, um anderen Institutionen zu ermöglichen, diese ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar umzusetzen.

Als Softwareunternehmen mit 30-jährigem Bestehen konnten wir den Wandel innerhalb unseres Tätigkeitsbereichs und der Baubranche nicht nur hautnah miterleben, sondern auch aktiv mitgestalten. Unser Tätigkeitsbereich fokussiert sich auf die TGA-Optimierung. Dabei ist es unser oberstes Ziel, unser umfangreiches Produktportfolio für die Konstruktion und Berechnung der TGA ständig weiterzuentwickeln.

In enger Zusammenarbeit mit Konstruktions- und Planungsbüros, Bauunternehmen, Handel und Industrie bleiben wir stets auf dem neuesten Stand. Dadurch erhalten unsere Kunden nicht nur benutzerfreundliche Tools für komplexe Prozesse, sondern auch Lösungen, die den dynamischen und branchenspezifischen Anforderungen der schnelllebigen Baubranche gerecht werden und es so ermöglichen, nachhaltige Gebäude zu entwickeln.

Neben der Zusammenarbeit mit unseren Partnern bietet der Erfahrungsaustausch mit unseren Kunden eine weitere Quelle für Entwicklungspotenziale. Seien es umgesetzte Referenzprojekte, gerade auch mit Fokus auf die Nachhaltigkeit und den Klimaschutz (Lesen Sie hierzu gerne auch die beiden Artikel „5.000 m3 – Großpufferspeicher für ein energieautarkes Fuchstal“ von Hans van Bebber und „Stellschrauben der TGA in der Ökobilanzierung von Gebäuden“ von Carina Hollenbeck und Ines Naumann) oder der Austausch mit der LINEAR Community über z. B. den Idea Channel. Wir erhalten neue Sichtweisen und Denkanstöße, um unsere Softwarelösungen noch effizienter zu gestalten und auf gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen vorzubereiten.


Aber auch außerhalb unseres Tagesgeschäfts wollen wir Verantwortung übernehmen. So arbeiten wir aktiv an einer Reduzierung unseres eigenen CO2-Fußabdrucks, durch die Sensibilisierung der gesamten Belegschaft und Investitionen in nachhaltige Konzepte an unserem Hauptsitz in Aachen (z. B. die Errichtung einer Photovoltaikanlage in 2023 und die sukzessive Umstellung des Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge).

Innerhalb der Kooperation mit unserem Partner everwave kompensieren wir jährlich Müll auf Basis all unserer Mitarbeiter und deren im gleichen Haushalt lebenden Familienmitglieder. Der Plastikverpackungsabfall je Einwohner pro Jahr in Deutschland beträgt mittlerweile 41,09 kg (Quelle: de.statista.com/themen/4645/plastikmuell/). 2022 lag dieser noch bei 38 kg pro Kopf. Dies war der Richtwert für die Sammelaktion, welcher pro Mitarbeiter und pro Haushaltsmitbewohner aus den Gewässern von everwave gesammelt wurde. Mit sogenannten „Plastic Credits“ konnten wir als Unternehmen diese Müllsammelaktion direkt unterstützen. Weitere Informationen finden Sie auf der Website von everwave, falls diese Aktion Ihr Interesse geweckt haben sollte.

Im vergangenen Jahr sind wir eine weitere Kooperation mit dem Kölner Öko-Startup Planted eingegangen. Mit ihrer Unterstützung und der von Planted speziell entwickelten Software haben wir unsere firmeninterne Ökobilanzierung erfasst, die unsere hausinternen CO2-Hotspots definiert. Die TÜV-zertifizierte „All-in-One Nachhaltigkeitsplattform“ durchleuchtet verschiedene Bereiche: vom Fuhrpark über externe und interne Events bis hin zur Firmenausstattung, Mülltrennung oder dem gekauften Kaffee – um nur einige Punkte zu nennen. Die Datenerfassung hebt die entsprechenden Hotspots hervor, welche nun aktiv reduziert werden können. Der Hauptvorteil dieser Plattform: Die gesamte Belegschaft kann sich aktiv an Reduzierungsmaßnahmen beteiligen, denn die Auswertung steht allen Mitarbeitern transparent innerhalb der Software zur Verfügung. Basierend auf unseren aufgezeigten Hotspots schlägt die Software Lösungen zur CO2-Reduktion vor, aber auch eigene Aktionen oder Challenges können ausgerufen werden, an denen sich die Mitarbeiter beteiligen können. Die zurückgelegten Pendelwege sind ein CO2-Hotspot, der reduziert werden könnte? Dann ruft eine Challenge zum einwöchigen Bus- oder Fahrradfahren aus! Es ist einfach und vor allen Dingen nicht erzwungen. Denn die Gründer und das Team um Planted verfolgen eine klare Vision: Menschen für den Klimaschutz zu begeistern. Ihre Vorgehensweise ist inspirierend, positiv und hoffnungsvoll. Denn auch wenn der Klimawandel unsere größte Bedrohung ist, ist es noch nicht zu spät, gemeinsam aktiv zu werden und sich für die Zukunft zu entscheiden. Darüber hinaus bietet Planted Pflanzaktionen und die Bewirtschaftung eines eigenen Firmenwaldes an. Nicht nur, dass man dadurch den Klimaschutz in Deutschland fördert, auch teambildende Maßnahmen können so generiert werden – und wer kann schon von sich behaupten, einen eigenen Firmenwald zu besitzen, den man nicht nur besichtigen, sondern auch nach dem Befinden der selbst gepflanzten Bäume über Google Maps-Koordinaten sehen kann? Hier noch ein wichtiger Hinweis: Für klein- und mittelständische Unternehmen ist die Erstellung einer Ökobilanzierung noch freiwillig. Für Großunternehmen und Konzerne kann auf Basis der Mitarbeiteranzahl und/oder des Jahresumsatzes eine detaillierte Prüfung in Zukunft verpflichtend werden. Bei Fragen steht Ihnen Planted gerne beratend zur Verfügung. Weitere Informationen über Planted finden Sie unter www.planted.green.de.

Die genannte Expertise ermöglicht es uns, der Stadt Aachen zur Verfügung zu stehen und unseren Erfahrungsschatz in Bezug auf CO2-Reduzierung zu teilen. Klimaschutz beginnt bei uns allen und nur weil diese Maßnahmen durchgeführt worden sind oder werden, bedeutet das nicht, dass sie bereits ausreichend sind.

Abschließend möchten wir mit diesem Beitrag ein Bewusstsein schaffen, dass uns dieses Thema alle betrifft und dass bestimmte Maßnahmen dazu beitragen können, den Klimaschutz voranzutreiben. Wenn jeder – sei es privat oder beruflich – den für sich bestmöglichen Beitrag leistet, Handlungsweisen überdenkt und möglicherweise Verbesserungsmaßnahmen findet, sind wir schon einen Schritt weiter. Ohne Belehrung und ohne Muss. Als Unternehmen sind wir zuversichtlich, dass wir diese Herausforderung mit guten Ideen und Innovationen gemeinschaftlich und im Zusammenspiel mit den anderen Partnern bewältigen und das Ziel erreichen. Lassen Sie es uns gemeinsam anpacken!


Am 27.04.2024 fand die feierliche Unterzeichnung des Klimastadtvertrages statt. Als Basis-Partner und Mitunterzeichner haben wir an dieser Veranstaltung teilgenommen und im Zuge dessen unsere Urkunde erhalten. 

Impressionen zur Veranstaltung „Unterzeichnung des Klimastadtvertrags“


Quellen und weitere Informationen:


  • Energieeffizienz
  • Gebäudeanalyse


Kommentar schreiben

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.