Innere Lasten
Anders als bei einer Heizlastberechnung nach DIN/TS 12831-1 müssen bei der Kühllastberechnung die inneren Lasten berücksichtigt werden. Die inneren Lasten sind in der Regel zusätzliche Wärmelasten, die zu einer Erhöhung der Raumtemperatur im Raum führen, wenn diese nicht durch zusätzliche Kühlleistung kompensiert werden. Der Anteil der inneren Lasten an der Gesamtkühllast eines Raums ist im Verhältnis zu den anderen Lasten durch Transmission und solare Einstrahlung nicht zu vernachlässigen. In der Kühllastberechnung sind die inneren Lasten aufgeteilt in die Bereiche:
- Personen
- Beleuchtung
- Maschinen
Personen werden in vier unterschiedliche Aktivitätsgrade von „ruhig sitzend“ (100 W) bis „stehend bei mittelschwerer Arbeitsweise“ (210 W) unterschieden. Bei einem höheren Aktivitätsgrad steigt somit die Wärmeleistung der Personen an. Dabei geben die Personen ihre Wärme als sensible Wärme über Konvektion und als feuchte Wärme über Wasserdampfabgabe (Schwitzen) ab. Abhängig von der Lufttemperatur im Raum verschieben sich die Anteile der beiden Arten der Wärmeabgabe. Bei höheren Lufttemperaturen verringert sich der Anteil über Konvektion.
Maschinen und Beleuchtung sind Wärmequellen, deren Wärmeabgabe in der Regel durch ihre elektrische Leistungsaufnahme entsteht. Dabei ist nicht die Leistungsaufnahme des Typenschilds ausschlaggebend, sondern die Leistungsaufnahme im regulären Betrieb. So kann z. B. auf einem Netzteil eines Desktop-PCs eine Leistungsaufnahme von 500 W stehen. Im täglichen Büroalltag wird der Computer hauptsächlich im Leerlauf betrieben, bei dem sich eine Leistung von ca. 100 W einstellt. Die Berücksichtigung des Computers mit seiner nominalen Leistungsaufnahme würde zu einem unnötigen Anstieg der benötigten Kühllast führen.
Die Wärmeabgabe der drei inneren Lasten teilt sich in Konvektion und Strahlung auf. Der konvektive Anteil wird direkt im Raum wirksam, wohingegen der Strahlungsanteil die Raumflächen erwärmt und erst zu einem späteren Zeitpunkt im Raum wirksam wird. Auch ist es nicht unbedingt der Fall, dass die Lasten im Aufenthaltsbereich wirksam sind. So kann bei einer Schichtlüftung ein Teil der konvektiven Wärme erst im Deckenbereich wirksam werden. Um dieses in der Kühllastberechnung zu berücksichtigen, kann der Raumbelastungsgrad genutzt werden. Wenn alle Wärme im Raum wirksam wird, dann ist der Raumbelastungsgrad 1,0. Dieser Wert entspricht dem Standardwert. Wenn wie oben beschrieben eine Schichtlüftung vorhanden ist, kann der Raumbelastungsgrad z. B. auf 0,5 reduziert werden. Eine Abweichung vom Standardwert muss vom Planer individuell ermittelt und begründet werden.
Betriebszeiten
Die inneren Lasten sind nicht über den ganzen Tag konstant, sondern abhängig von der Nutzung des Gebäudes. Ein Büroraum ist in der Regel nur tagsüber besetzt, aber auch die Betriebszeiten von Büros können sich aufgrund der Nutzung des Gebäudes unterscheiden. So orientieren sich die Bürozeiten der Mitarbeiter in Industrieunternehmen eher an den Schichten der Produktion und die Büros sind daher am späten Nachmittag weniger belegt als im Vergleich zu einem klassischen Dienstleistungsunternehmen. Um diese unterschiedlichen Betriebszeiten zu berücksichtigen, ist für jede innere Last ein Nutzungsprofil in der Kühllastberechnung zu hinterlegen. In den Nutzungsprofilen wird für jede Stunde des Tages ein prozentualer Wert der jeweiligen Last angegeben. So ergibt sich zum Beispiel bei einer halbstündigen Mittagspause für die Personenbelegung des Raums um 12 Uhr ein Wert von 50 % (Abb. 1).
Die Beleuchtung in Gebäuden wird dafür eingesetzt, am Arbeitsplatz eine vorgegebene Helligkeit sicherzustellen. Wenn ausreichend Tageslicht vorhanden ist, ist die Beleuchtung in der Regel ausgeschaltet. Das Ausschalten und Anpassen der Helligkeit der Beleuchtung kann automatisch mittels einer Tageslichtsteuerung erfolgen. Eine solche Regelung kann auch in der Kühllastberechnung berücksichtigt werden. Die Leistung der Beleuchtung wird zusätzlich zu dem vorgegebenen Betriebsprofil automatisch auf die Helligkeit im Raum angepasst.
Beispielprojekt
Der Einfluss der inneren Lasten und des Betriebsprofils soll anhand eines Geschosses eines Bürogebäudes erfolgen (Abb. 2). Die Anforderungen an die Büroräume sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Als Basis für die Betrachtungen sind die Leistungsaufnahme der Beleuchtung und der EDV-Ausstattung auf den aktuellen Standard der Technik eingegeben. Die Personenanzahl ist pauschal auf die Empfehlung der Arbeitsstättenrichtlinie von 10 m² pro Person eingestellt. Die Betriebszeit ist auf zehn Stunden von 8 bis 18 Uhr vereinbart.
Einflussbetrag der inneren Lasten
Um ein Gefühl zu erhalten, wie Änderungen der inneren Lasten das Ergebnis der Kühllast beeinflussen, werden die Lasten für Beleuchtung und Maschinen prozentual von dem oben beschriebenen Basispunkt verändert. In Abbildung 3 sind die relativen Änderungen der Kühllast für das Geschoss und für zwei Räume aufgetragen. Zum einen fällt direkt auf, dass die Änderung der inneren Last zu einer linearen aber unterproportionalen Änderung der Kühllast führt. Eine Erhöhung der inneren Last um 10 % führt nur zu einer 5 % höheren Kühllast im Geschoss. Abhängig von der Lage des Raums ergeben sich unterschiedliche Steigungen. Der Raum 2-10 befindet sich auf der Westseite des Gebäudes. Zum Zeitpunkt der größten Kühllast wird dieser Raum direkt von der Sonne beschienen. In diesem Raum ist die Steigung flacher als im Raum 2-02, der auf der Ostseite liegt. Aus dem Vergleich der beiden Räume ist somit zu erkennen, dass die Steigung flacher wird, je größer der solare Anteil an der Kühllast ist.
Einfluss Betriebszeiten
Neben der Änderung der inneren Lasten wird ebenfalls der Einfluss der Betriebszeiten auf die Kühllast untersucht. In Abbildung 4 ist die Kühllast des Geschosses für unterschiedliche Betriebszeiten bei gleichen inneren Lasten dargestellt. Bei den ersten drei Ergebnissen beträgt die Betriebszeit jeweils zehn Stunden pro Tag, die Unterschiede ergeben sich nur aufgrund der unterschiedlichen Start- und Endzeitpunkte. Die niedrigste Kühllast ergibt sich bei der Betriebszeit, die am frühesten startet. Die größte solare Einstrahlung in die Räume erfolgt in den frühen Nachmittagsstunden. Da diese solare Strahlung aber zuerst zu einem nennenswerten Teil in die Erwärmung der Bauteile überführt wird, wirkt sich diese Belastung erst in den späten Nachmittagsstunden auf die Kühllast aus. Daher steigt die Kühllast bei den beiden anderen Betriebszeiten mit dem späteren Arbeitsbeginn an. Insgesamt liegen die Unterschiede aber im unteren einstelligen Prozentbereich. Selbst die Steigerung der Betriebszeiten auf das Maximum von 24 Stunden führt nur zu einer Steigerung der Kühllast von 9 % ausgehend von den vereinbarten Zeiten.
Die Tageslichtregelung hat, wie oben beschrieben, einen erheblichen Einfluss auf die Betriebszeiten der Beleuchtung. Wenn die Helligkeit ausreichend ist, wird die Beleuchtung ausgeschaltet. Der Unterschied der Kühllast bei einer aktivierten Tageslichtregelung ist in Abbildung 5 zu erkennen. Im Vergleich zu den unterschiedlichen Betriebszeiten reduziert sich die Kühllast deutlich durch die Tageslichtsteuerung. Insgesamt sinkt die Kühllast im Geschoss um 16 % und hat somit von den Betriebszeiten her den größten Einfluss auf das Ergebnis. Diese Option bei der Berechnung zu aktivieren kann auch bei Gebäuden ohne automatisierte Tageslichtregelung eingesetzt werden. In so einem Gebäude werden die Personen von sich aus die Beleuchtung ausschalten, wenn genügend Helligkeit vorhanden ist.
Fazit
Anhand der drei Betrachtungen sollte Ihnen die Größenordnung des Einflusses der inneren Lasten und Betriebszeiten auf das Ergebnis der Kühllastberechnung verdeutlicht werden. Hieraus wird deutlich, dass die Werte für die inneren Lasten von Personen, Maschinen und Beleuchtung sorgfältig gewählt werden müssen. Wenn die genutzten Werte nicht der späteren tatsächlichen Nutzung entsprechen, verändert sich die Kühllast zwar unterproportional, aber je nach Abweichung sind die Unterschiede groß genug, um gegebenenfalls negative Auswirkungen auf den Betrieb der Kühlanlagen zu bewirken. Darüber hinaus sollte die Aktivierung der Option „Tageslichtregelung“ geprüft und mit dem Auftraggeber abgestimmt werden. Die Festlegung der Betriebszeiten hingegen sollten sich zwar an den tatsächlich erwarteten Betriebszeiten orientieren, eine Stunde mehr oder weniger fällt aber nicht so stark ins Gewicht wie ein Fehleinschätzung der inneren Lasten. Im nächsten Teil unserer Themenreihe wird dann näher auf die äußeren Lasten durch solare Einstrahlung und Außentemperatur eingegangen.