Sehr geehrter Herr Lang, Sie sind Geschäftsführer im Ingenieurbüro Lang GmbH in Graz. Bitte erzählen Sie uns etwas zu Ihrem Unternehmen sowie Ihrem aktuellen Leistungsangebot.
Seit 35 Jahren ist unser Büro vordergründig im Krankenhausbau, in der Lebensmittelindustrie und im Bau von großen Bürokomplexen tätig. Dabei sind wir zuständig für die Planung und örtliche Bauaufsicht im Bereich der Heizung, Kühlung, Sanitär, Lüftung als auch der Mess- und Regelungstechnik. Unser Leistungsumfang inkludiert auch die Sachverständigentätigkeit in den genannten Fachgebieten. Seit 2 Jahren leite ich das Unternehmen nun gemeinsam mit meinem Vater. Dieser hat bereits Jahre vor meiner Tätigkeit die Weichen für einen Gesamtumstieg auf die BIM-Planung gestellt. Der Zeitpunkt der Umstellung stellte sich als genau richtig heraus und wir blicken heute stolz auf eine Vielzahl von Projekten zurück, die wir in dieser Arbeitsweise gemeinschaftlich mit unseren Partnern abgewickelt haben.
Wie sehen Sie das Thema „Digitalisierung“ in der Branche und was betrachten Sie für sich dabei als die größten Herausforderungen und Chancen?
Die Baubranche ist unter den am geringsten digitalisierten Branchen und dementsprechend viel Potenzial liegt noch brach. Was wir immer wieder feststellen müssen, ist die vorhandene Skepsis vor dem „Neuen“. Im Hinblick auf die Prozessgestaltung und Arbeitsweise hat ein Teil unserer Marktbegleiter den Sprung vom analogen ins digitale Zeitalter noch immer nicht vollzogen. Aufgrund der fehlenden Erfahrungen werden nur die Herausforderungen betrachtet und den deutlichen Mehrwerten wird zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Aktuelle Arbeitsweisen werden dabei zu oft unreflektiert weitergeführt und vorhandene Schnittstellenproblematiken als unveränderlich hingenommen.
Dabei brächte eine durchgängige Digitalisierungsstrategie in der Baubranche eine enorme Erleichterung mit sich. Das ist sicherlich eine große Herausforderung, aber die Vision, über standardisierte Schnittstellen mit wenig Datenverlust über den gesamten Lebenszyklus mit allen Beteiligten partnerschaftlich zusammenarbeiten zu können, ist den Aufwand sicherlich wert.
Welche praktischen Auswirkungen haben die neuen Anforderungen im Zuge der integralen Planung mit BIM auf Ihre Arbeitsprozesse?
Wir arbeiten ständig an der Verbesserung unserer Prozesse und wie wir diese agiler gestalten können. Dabei ist die Kommunikation ein zentraler Punkt, sowohl innerhalb eines Projektteams als auch nach außen hin. Wie wichtig dabei Flexibilität ist, verdeutlicht sich durch die dynamischen Anforderungen die durch wechselnde Projektpartner und Auftraggeber entstehen. Je flexibler wir uns an die jeweiligen Anforderungen anpassen können, desto besser wird die Zusammenarbeit funktionieren. Dadurch müssen beispielsweise unsere BIM-Konstrukteure unter anderem fundierte Kenntnisse in der IT an den Tag legen. Bisher war das in diesem Ausmaß bei einer reinen AutoCAD-Planung nicht erforderlich.
BIM Manager DDI Michael Fuchs
Lebenslauf
• Studium Architektur und Bauingenieurwissenschaften an der TU Graz
• Elektrotechnik an der BULME Graz, Fokus: Parametrisches Design, Digitale Fabrikation, Prozessoptimierung und Wissensmanagement
• Seit 2016 verantwortlich für die Implementierung von BIM und der damit verbundenen Adaption der Arbeitsmethodik im Ingenieurbüro Lang.
Geschäftsführer Paul Lang (BSc)
Lebenslauf
• Bachelorstudium Energie und Umweltmanagement an der FH Pinkafeld
• Masterstudium Gebäudetechnik und Gebäudemanagement an der FH Pinkafeld
• Befähigungsprüfung für Ingenieurbüros an der WKO Stmk
• Seit 2017 in der Ingenieurbüro Lang GmbH, Ausübung von Planung und Bauaufsicht
• Geschäftsführer seit 2020
Welchen Einfluss hat die Einführung von BIM auf die Zusammenarbeit mit externen Partnern?
Die Arbeitsweise durch den Einsatz von BIM erfordert ein sehr hohes Verständnis für Prozesse und Kompetenz in Zusammenarbeit und Kommunikation. Wenn man zurückblickt auf den Beginn unseres Büros, so wurde noch mit der Hand gezeichnet. Über Schnittstellen zu anderen Büros machte man sich wenig Gedanken. Als eines der ersten Büros haben wir dann CAD eingeführt und das Büro begonnen zu digitalisieren. Der Aufwand damals war groß, aber die Einführung von BIM brachte durch die große Vernetzung von Information noch viel mehr Herausforderungen mit sich. Genau diese Vernetzung brachte auch die größten Änderungen mit sich. Den Beteiligten wird durch BIM verdeutlicht, wie dramatisch sich vermeintlich kleine Änderungen auf andere Planer auswirken können. Dadurch wird das gegenseitige Verständnis verbessert und auch der Planungsprozess kann sich vereinfachen. Eines unserer ersten Krankenhausprojekte mit BIM war in dieser Hinsicht sehr erfolgreich mit dem Ergebnis, dass es bei der Ausführung keine nennenswerten Komplikationen gab und wir sogar unter dem Budget blieben.
Wie wird nach Ihrem Empfinden das Thema BIM in der Baubranche umgesetzt und welche Entwicklungen erwarten Sie in diesem Bereich?
Wir befinden uns in einer Situation, in der es bereits einige sehr leistungsfähige Büros gibt, die sich seit vielen Jahren mit BIM beschäftigen und dieses auch aktiv leben und gestalten. Wenn sowohl große als auch staatliche Auftraggeber die Anforderungen an die Projektabwicklung in diese Richtung weiter vorantreiben und forcieren, erwarten wir auch einen weiteren Schwung.
Was sind die größten Vorteile, die durch eine BIM-konforme Planung entstehen?
Die erreichbare Massengenauigkeit und die damit verbundene hohe Kostensicherheit für den Auftraggeber spielen sicher eine wesentliche Rolle. Es können Bereiche, besonders in der technischen Gebäudeausstattung, mit hoher Installationsdichte wesentlich genauer geplant werden und dadurch können Kollisionen, die sonst eventuell auf der Baustelle gelöst werden müssten, frühzeitig erkannt werden. Das ausführende Unternehmen hat somit auch hochwertige Planunterlagen als Grundlage zur Verfügung, mit der die Einarbeitung in ein Projekt leichter von der Hand geht. Auch umfangreiche Simulationen sind direkt im Modell möglich.
Sie arbeiten bereits seit einigen Jahren mit den Lösungen von LINEAR. Was hat sie seinerzeit dazu bewogen, in die Software zu investieren?
Wir haben die Software von LINEAR bereits seit 2017 im Einsatz. Ausschlaggebend war die Möglichkeit, Modelle aus Revit ohne Übergabeformate nativ einzulesen. Je mehr direkt in unser Programm eingearbeitet werden kann, desto einfacher wird für uns die Anwendung. So können wir mit eigenen Skripten Prozesse automatisieren und dennoch die Daten bidirektional mit LINEAR abgleichen. Im komplexen BIM-Umfeld gibt es dabei immer neue Herausforderungen zu bewältigen.
Nun haben Sie bereits zahlreiche Projekte mit den LINEAR Lösungen durchgeführt. Wie sind die bisherigen Erfahrungen im Umgang mit der Software?
Wir setzen LINEAR sowohl in Kombination mit AutoCAD als auch mit Revit ein. Die Software hilft uns, Berechnungen und zeichnerische Darstellungen im Bereich der Heizung, Kühlung, Sanitär und Abwasser durchzuführen. Die Möglichkeiten, die der Schemengenerator mit sich bringt, steigern unsere Effizienz, die Funktion der Massenermittlung beispielsweise bei der Fußbodenheizung schärft unsere Genauigkeit.
Welche der von Ihnen umgesetzten Projekte machen Sie besonders stolz?
Aktuell das sich gerade im Bau befindliche Krankenhaus Oberwart im Burgenland. Es ist mit etwa 214 Mio. Gesamtkosten das größte Bauvorhaben in der jungen Geschichte des Bundeslands, wobei die Herstellkosten für die Haustechnik rund 28 Mio. Euro betragen. Zum neuen Leistungsspektrum werden ein Herzkatheter-Labor, neueste Ausstattung in der Radiologie und in der Dialyse sowie sieben OP-Säle zählen. Mit seinen rund 320 Betten soll das Krankenhaus Oberwart das Leitspital für das Südburgenland und die Ostregion Österreich werden. Besonders stolz sind wir auf dieses Projekt insofern, da wir die Anforderungen des Auftraggebers übererfüllt haben, indem wir das Projekt aus freien Stücken heraus zu einem BIM-Projekt gehoben haben.
Welche besonderen Anforderungen stellte das Projekt an die technische Gebäudeausstattung?
Wir hatten damals, gemeinsam innerhalb des Generalplanerteams, die Entscheidung gefasst, dieses Projekt als BIM-Projekt abzuwickeln. Herausfordernd war sowohl die Größe des Projekts, da sich die 7 Finger des Komplexes auf rund 16 000 m² Grundfläche verteilen, als auch die enge Terminschiene. Zudem war es das größte open BIM-Projekt welches wir bis dato abgewickelt haben und wir konnten durch diese Herausforderung wachsen.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, der die zukünftige Planung von Gebäuden vereinfachen soll. Welcher wäre das?
Ich denke, das wäre tatsächlich der Wunsch nach einer verbesserten Kommunikation innerhalb eines Projekts unter den einzelnen Fachplanern, da dadurch viele Punkte, die dann üblicherweise im Zuge der Ausführung des Projekts auftreten, vorab erkannt und gelöst werden können.
Vielen Dank für die interessanten Einblicke und weiterhin viel Erfolg!