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Über den Umgang mit Informationsanforderungen direkt in der Autorensoftware
Fehlervermeidung vor Fehlerbehebung
Wer im Bausektor arbeitet, kennt die Problematik nur zu gut: Daten, die eigentlich zwingend zur Projektdurchführung benötigt werden, sind alt, inkonsistent, falsch oder möglicherweise gar nicht erst kommuniziert worden. Kurz illustriert: Der Malerbetrieb streicht das komplette Erdgeschoss rosa und jemandem fällt auf, dass eigentlich hellblau gewünscht wurde. Was so plakativ und absurd klingt, passiert während Sie diese Zeilen lesen weltweit in tausenden von Bauprojekten auf Datenebene. Und wir tun immer so, als seien Daten kostenlos und als sei nur eins besser als viele Daten: noch mehr Daten. Aber jemand muss sie eingeben und jemand sollte sie idealerweise auch prüfen. Jede zusätzliche Iteration kostet echtes Geld und echte Nerven. Im gegenständlichen wie im virtuellen Raum gilt: Fehler zu beheben ist aufwendig, Fehler zu vermeiden ist schwierig. Aber warum eigentlich? Es muss doch nur jeder und jedem klar sein, was wann von wem und in welcher Qualität gefordert wird. Kann ja nicht so schwer sein, das entsprechend zu artikulieren!
Aus diesem Beweggrund heraus wird empfohlen, die Informationsanforderungen vor Projektbeginn genau zu spezifizieren, idealerweise schon durch den Auftraggeber und bis in die Attributebene hinein. Die Reihe DIN EN ISO 19650 zeigt die Prozesse und die Rollen in der Bestellung und Bereitstellung von Information auf. Ergänzend dazu wird die Methode zur Definition der Informationsbedarfstiefe über den Level Of Information Need definiert (siehe z.B. DIN EN 17412-1). Das Resultat einer vorbereitenden Planung sind Begleitdokumente wie Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungspläne (BAP), klassischerweise in Form von PDF oder Excel-Dokumenten. Immerhin digital sagen die einen, während die, die damit arbeiten sollen, fragesuchend in den Tabellen herumscrollen. In der Umsetzung sieht die Realisierung der Qualitätssicherung so aus, dass auf Basis der übergeordneten Struktur in einer spezialisierten Software Prüfregeln erstellt werden, die es erlauben, automatisiert eine Qualitätsschranke zu errichten. Passieren gelieferte Daten diese Schranke nicht, geht eine Revisionsanfrage an die Modellierung zurück und wir versuchen es noch einmal.
Mithilfe von Prüfsoftware ist es nun möglich, ein hochqualitatives Ergebnis zu erzielen. Der Weg dahin ist allerdings dadurch noch lange kein Leichter, denn man muss in der Autorenumgebung peinlich genau darauf achten, die Anforderungen einzuhalten. Zumindest, wenn man sich aufwendige und teure Iterationen mit der Prüfinstanz sparen will. Ein Blick in die Realität lässt den vorschnellen Schluss wieder zu: BIM ist kompliziert, hält doch nur von der Arbeit ab!
Was fehlt, ist ein Weg mit diesen Vorgaben natürlich umzugehen. Was fehlt, ist die übergeordnete Struktur, die meine Autorensoftware versteht und mir daraus eine Sicht anbietet. Was fehlt, ist eine Umgebung, in der ich Spielregeln gar nicht erst verletzen kann.
Information Delivery Specification
Ein neuer Weg zur technischen Spezifikation solcher Informationsanforderungen ist die Information Delivery Specification (IDS). IDS ist ein herstellerunabhängiger Standard der von buildingSMART zur computerinterpretierbaren Definition von Austausch-Informationsanforderungen geschaffen wurde. Im Unterschied zu Model View Definition (MVD) konzentriert sich IDS dabei ausschließlich auf alphanumerische Anforderungen. Die IDS spezifiziert also, welche Eigenschaften mit welchem Inhalt (Werte und Einheiten) letztendlich welchen Objekten in einem Projekt zugeordnet werden sollen. Somit eignet sich IDS perfekt, um den alphanumerischen Informationsgehalt (Level Of Information – LOI) festzulegen.
IDS bietet nun eine standardisierte, computerinterpretierbare Alternative zu reinen Definitions-Tabellen, um diese Informationen in den automatisierten BIM-Prozess einzubinden (vgl. Abb. 1). Dies kann auf zwei Arten geschehen:
- Als Konfigurationsdatei für Autorensoftware, um die erforderliche Informationsstruktur automatisch anzulegen.
- Als Konfigurationsdatei für Prüfsoftware, um Prüfregeln automatisch zu befüllen.
Auf diese Weise wird der Informationsfluss zwischen der Definition und Prüfung von Modellinhalten mit Hilfe eines standardisierten Formates geschlossen. Darüber hinaus ermöglicht IDS eine genauere Definition von Modellanforderungen. Bisher wurden alphanumerische Informationen meist auf Klassenebene spezifiziert (z.B. erforderliche Eigenschaften für IfcSpaceHeater). Mit IDS können Anforderungen auch in Abhängigkeit von Attributen, Eigenschaften, externen Klassen, Beziehungen und Materialien gestellt werden. Beispielsweise ist eine Versorgung mit Warmwasser an Bidets sinnvoll, nicht aber an Urinalen. Oder die Feuerwiderstandsklasse einer Brandschutzklappe muss mit „K“ beginnen. Der strukturelle Blick auf solche Details ermöglicht eine Filterung der betroffenen Elemente und erlaubt eine wesentlich präzisere Abbildung von Anforderungen.
IDS und die LINEAR Solutions für Revit
Soweit die Theorie. In der Praxis existieren nun bereits erste Implementierungen, die eine automatisierte Überführung von IDS-Spezifikationen in Prüfregeln der Koordinationssoftware erlauben. Dies ist ein guter erster Schritt, allerdings nur ein halber. Was bislang fehlt, ist eine automatisierte Überführung technischer Spezifikationen in die Informationsstruktur der Autorenumgebung. Und auch wenn das schon ein gewaltiger Fortschritt wäre, sollte man hier nicht gedanklich aussteigen, denn eine gute modellierungsseitige Vorbereitung erlaubt deutlich mehr als das. Es erlaubt auch eine prozessbegleitende Hilfestellung bei der Eingabe der Ergebnisse. Wenn ich weiß, dass laut meiner IDS Feuerwiderstandsklassen aus der Liste F 30, F 60, F 90 angegeben werden müssen, wieso soll ich etwas anderes überhaupt eingeben können? Wenn meine Raumnummern gemäß Anforderung nach dem Format „zweistellige Geschossnummer + Bindestrich + dreistelliger Index“ (z.B. 01-234) vergeben werden sollen, warum weist mich meine Autorenumgebung nicht schon direkt darauf hin?
Die Antwort auf die oben gestellten Fragen ist so einfach wie ernüchternd. Revit weiß nichts von der IDS und IDS weiß nichts von Revit. Es benötigt also eine Vermittlung zwischen beiden Welten. Und hier kommen die LINEAR Solutions für Revit mit ihrem dynamisch konfigurierbaren Eigenschaftenfenster ins Spiel. Es begann mit der Möglichkeit in Version 24, Elementklassen über die Revit-Kategorien hinaus zu spezifizieren und mit Eigenschaftensätzen, Regeln und Reifegradmodellen zu kombinieren. Nun gehen wir im Laufe der Version 25 noch einen Schritt weiter und erweitern dies um die Fähigkeit, die benötigten Datenstrukturen auf Basis der eigenen IDS-basierten Standardisierung teilautomatisiert anzulegen.
Warum nur teilautomatisiert? Die Antwort bleibt dieselbe wie zuvor. Die beiden Modelle verstehen sich gegenseitig nicht uneingeschränkt, es gibt keine eindeutige Abbildung der IDS auf das Revit-Datenmodell. Wir müssen also die Informationen der IDS schrittweise so anreichern, dass eine Überführung in Revit-Modelle mit möglichst wenig Verlust an strukturellem Wissen geschehen kann (s. Abb. 2).
Neben einigen technischen Detailfragen gilt es dabei folgende Punkte aufmerksam zu adressieren:
Auswahl der zu importierenden Spezifikationen
In einer IDS können sich eine Vielzahl von Spezifikationen verbergen, von denen möglicherweise nicht alle für die aktuelle Planungsaufgabe oder das Fachmodell relevant sind. In einem ersten Schritt lässt sich daher bestimmen, welche Spezifikationen übernommen werden sollen. Weiterhin lässt sich hier eine Zuordnung des LOI zu einzelnen Spezifikationen vornehmen.
IFC-Klassen zu Kategorien zuordnen
IDS basiert üblicherweise auf der IFC-Klassifizierung, Revit organisiert sich in eigenen Kategorien. Die IFC-Klassifizierung wird in Revit daher strukturell am Typ eines Bauteils in einem vorgegebenen Parameter festgelegt, unabhängig von der Revit-Kategorie. Beispielsweise verweisen „HLS-Bauteile“ thematisch auf zig IFC-Klassen, vom Behälter bis zum Zentralgerät. Die Zuordnung von Kategorien zu IFC-Typen ist also nicht eindeutig festgelegt und muss daher bei einem Import ergänzt werden. Um diese Arbeit zu erleichtern, bietet die LINEAR Lösung die Möglichkeit, bereits bekannte Zuordnungen aus einem konkreten Modell abzuleiten, falls diese dort bereits hinterlegt sind.
Parameter zu Definitionen zuordnen
IDS identifiziert IFC-Parameter über die Benennung und deren Zuordnung zu Eigenschaftensätzen (Psets für engl. „property sets“). Die Revit-Umgebung kennt solche Psets in der Form nicht und muss noch dazu mit Content aus verschiedensten Quellen umgehen. Um die zu befürchtenden Widersprüche aufzulösen, verwaltet man in Revit eine Textdatei in der die Definitionen für die sogenannten „Gemeinsam genutzten Parameter“ stehen. Dort wird der Bauplan eines Parameters (Name, Datentyp, usw.) gespeichert und mit einer eindeutigen Kennung versehen. Dieses Verfahren erlaubt es, Parameter in Bauteilmodellen und darauf fußende Beschrifter über Projekte hinweg einheitlich zu standardisieren. Um einen reibungsfreien Übergang von einer IDS über eine Revit-Datei hin zu einer IFC zu gewährleisten, muss die IDS-ausgebende Plattform also zusätzliche Metadaten in Form von Parameterdateien für die Revit-Autorenumgebung und Pset-Konfigurationen für den IFC-Exporter bereitstellen. Ist eine passende Definitionsdatei vorhanden, so übernimmt die LINEAR Umgebungen die Zuordnung automatisch. Alternativ werden passende Definitionen für die weitere Bearbeitung in Revit angelegt.
Fazit
Mit dem IDS-Standard des buildingSMART eröffnet sich die Möglichkeit der wirklich durchgängigen Datennutzung, unabhängig von der eingesetzten Software-Plattform. Die Definition von Projektstandards bis in die Attributebene hinein bietet eine attraktive Alternative zu textuellen oder tabellarischen Anforderungsbeschreibungen. Dies in der Praxis einfach handhabbar zu gestalten, wird maßgeblich zum Erfolg dieses Ansatzes beitragen.
Damit die erforderliche Struktur ohne langwierige und fehleranfällige manuelle Eingaben berücksichtigt werden kann, ist der automatisierte Import von IDS-Spezifikationen in eine Zielplattform wie Revit ein logischer Schritt. Dazu haben wir einen Import-Assistenten entworfen, der Sie durch den Prozess führt und dabei möglichst viele Informationen aus einem vorhandenen Modell übernimmt. Dies verkürzt die Einrichtung eines Projektstandards massiv, und durch die so mögliche Eingabeprüfung von Datentypen und Wertebereichen kann schließlich die geforderte Datenqualität sichergestellt werden.
Nun sind Sie gefragt:
Stehen Ihnen bereits IDS-Spezifikationen zu Verfügung, die Sie mit unserer Entwicklung auf Praxistauglichkeit testen wollen? Oder haben Sie vielleicht weitere Ideen, die uns dabei helfen könnten, den geschilderten Workflow weiter zu verbessern? Dann freuen wir uns auf Ihr Feedback!
Quellen und Literaturempfehlungen
DIN EN ISO 19650-1 : 2019-08. Organisation und Digitalisierung von Informationen zu Bauwerken und Ingenieurleistungen, einschließlich Bauwerksinformationsmodellierung (BIM)
DIN EN 17412-1 : 2021-06. Bauwerksinformationsmodellierung - Informationsbedarfstiefe
Eichler et. al. – BIMcert Handbuch - Grundlagenwissen openBIM, buildingSMART, 2024
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