Das Strangschema ist eine Darstellungsform, die dazu dienen soll, die funktionalen Zusammenhänge technischer Anlagen und Komponenten einfach, eindeutig und schnell erfassbar wiederzugeben. Der Mehrwert eines Schemas als Übersicht ist vor allem bei großen Projekten ersichtlich. Daher ist die Erstellung von Schemata eine gemäß HOAI geschuldete Leistung.
Mit dem existierenden Schemagenerator bieten die LINEAR Solutions für AutoCAD ein bekanntes und beliebtes Tool, um schnell und einfach Strangschemata zu erzeugen. Da natürlich das 3D-Anlagenmodell die Basis bildet, aus der bereits Grundrisse, Schnittansichten, Wandabwicklungen usw. generiert werden, stellt sich die Frage, warum alle Informationen, welche bereits im Modell existieren, für eine Schemaerstellung aufwendig nachkonstruiert werden sollen. Angesichts des Aufwands für die separate Erstellung und die Übertragung jeder Änderung aus dem 3D-Modell in die Strangschemata ist es also nicht verwunderlich, dass der Wunsch nach einer automatischen Schemaerstellung auf Basis des 3D-Modells bereits häufig an uns herangetragen wurde.
Wir möchten in diesem Artikel den Bogen schlagen, von der Definition des Strangschemas, über die Schwierigkeiten der Erstellung während der Planung und der Entwicklung eines automatisierten Prozesses, bis hin zur Arbeitserleichterung, welche Sie bei unserer neuen, automatischen Schemaerstellung in Revit erwartet.
Definition: Strangschema
In einem Strangschema soll ein verzweigtes, dreidimensionales Rohrnetz vereinfacht in einer zweidimensionalen Ansicht dargestellt werden. Hierfür wird eine Dimension unter Vernachlässigung der Maßstäblichkeit der horizontalen Leitungen in die Zeichenebene geklappt. Die Höhenlage von Leitungen, Bauteilen und Einbauteilen wird dann proportional veranschaulicht. Des Weiteren werden Leitungen, die sich in einer Schnittansicht überlagern würden, im Schema auseinandergezogen und parallel geführt. Bögen und Leitungsversprünge wiederum werden vernachlässigt. Die Geschossebenen bilden die Grundlage und den Rahmen der Zeichnungsansicht, wodurch das Strangschema mit der Darstellung des funktionalen Zusammenhangs der technischen Anlagen und Komponenten vereinfacht als Vereinigung eines vertikalen Gebäudeschnitts gesehen werden kann.
Um die zuvor genannten Anforderungen zu erfüllen, muss bei der Erstellung eines Strangschemas zum einen auf eine physikalisch korrekte Anordnung der Verbraucher, Armaturen und Einbauteile sowie deren Leitungsanbindungen geachtet werden – dies ist die Grundvoraussetzung für ein technisch korrektes Schema. Um ein gut lesbares Schema zu erhalten, muss jedoch zum anderen auch das „Layout“ des Schemas passen: Eine klare räumliche Verortung der Bauteile ohne unnötig lange Leitungen und möglichst wenig Kreuzungen ermöglicht es dem Betrachter, schnell Systemzusammenhänge zu erfassen.
Beschäftigt man sich näher mit dem Thema und hinterfragt ferner grundlegende Details, so ist festzustellen, dass die Erstellung eines Strangschemas nicht ganz so trivial ist, wie man zunächst annehmen könnte. Das Zeichnen eines Schemas erfordert nicht nur beim ersten Mal ein stringentes und konzentriertes Vorgehen, um es korrekt und gut lesbar erstellen zu können.
Das Strangschema im aktuellen Planungsprozess
Selbst wenn ein Strangschema bei einem in 3D modellierten Projekt manch einem fehl am Platz erscheinen mag, so gehört dieses spätestens bei großen Projekten oder komplexen Anlagen unbedingt in die Planungsunterlagen. Die technischen Zusammenhänge direkt aus einem 3D-Modell zu erkennen, würde einen erheblich größeren Zeitaufwand erfordern. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Erstellung von Schemata eine gemäß HOAI geschuldete Leistung ist. Hierbei unterscheidet man zwischen dem Funktionsschema und dem Strangschema.
Im Vorentwurf verlangt die HOAI ein Funktionsschema der technischen Anlagen. Bei diesem liegt der Fokus auf den grundlegenden Funktionen und Zusammenhängen der Anlagen. Der Aspekt der räumlichen Verortung tritt, auch aufgrund des zu diesem Zeitpunkt noch „flexiblen“ Grundrisses, in den Hintergrund.
In den weiteren Planungsphasen fordert die HOAI eine Fortschreibung und Detaillierung der Schemata. Ab der Leistungsphase 3 werden schließlich Strangschemata benötigt, in denen der Einfluss der Architektur auf die Leitungsführung in Form der Raumanordnung und die Abfolge der anzuschließenden Verbraucher erkennbar werden.
Bis zum Ende der Planung ist durch die Dynamik im Planungsprozess wiederholt ein Fortschreiben bzw. Nachführen der Schemata notwendig. Dies kann unter anderem durch Änderungen der räumlichen Anordnungen in der Architektur zustande kommen. Solche Anpassungen sind in der Regel allerdings mit einem erheblichen Aufwand verbunden, da sämtliche Unterlagen angepasst werden müssen.
Die Erstellung eines Schemas mit Revit ist zwar prinzipiell möglich, jedoch aktuell sehr umständlich und zeitaufwendig, denn für die Integration der Schemaplanung in Revit fehlen grundlegende Funktionen. Mit AutoCAD oder dem Schemagenerator in der LINEAR Solutions für AutoCAD haben sich praktikable Workflows etabliert. Dennoch führten uns die zuvor genannten Punkte zu dem Schluss, dass ein großer Anreiz besteht, über eine praxistaugliche Lösung in Revit nachzudenken, die zum einen eine Arbeitserleichterung bringen soll und zum anderen eine zweite Konstruktionsplattform ausschließlich für die Schemaplanung überflüssig macht.
Schema aus dem 3D-Modell ableiten
Ein fertig konstruiertes 3D-Modell enthält bereits alle Informationen, welche für die Erstellung eines Strangschemas benötigt werden. Damit ist die Grundvoraussetzung für das automatisierte Ableiten eines Schemas aus dem Modell gegeben. Was zunächst nach einer einfachen Aufgabe klingen mag, birgt jedoch in der Umsetzung diverse Herausforderungen, denn es müssen, abgesehen von den zu lösenden geometrischen Problemen, zunächst Regeln zur Schemaerstellung definiert werden, welche der erfahrene Planer heute intuitiv beim Zeichnen umsetzt und beachtet. Die „Abstraktionsleistung“ für das Ableiten dieser Zeichnungsansicht in Programmcode umzusetzen ist dabei eine spannende Herausforderung. Eine praxistaugliche Umsetzung eines automatisierten Ansatzes sucht man aber am Markt aktuell vergeblich. Mit dem kommenden Release geht LINEAR nun den ersten Schritt in diese Richtung. Somit ermöglichen wir die Erstellung von Strangschemata für Trinkwassernetze ohne weitere Vorarbeit per Knopfdruck. Neben der Reduzierung des Initialaufwandes bei der Erstellung des Strangschemas bietet dieses Feature viele weitere Vorteile.
Analyse des Modells und Layout
Mithilfe definierter Konstruktionsregeln wird das 3D-Modell analysiert und die Teilstrecken bzw. Bauteile werden unter Berücksichtigung der relativen Höhe im Geschoss und in entsprechender Anbinde-Reihenfolge physikalisch korrekt platziert.
Bei der Platzierung der Verbrauchergruppen wird analysiert, wie ein möglichst kompaktes Schema erstellt werden kann, um unnötige Freiräume zwischen Nutzungseinheiten zu vermeiden. Diese Platzoptimierung sorgt nicht nur für eine aufgeräumte Optik des Plans, sondern spart Ihnen am Ende ggf. auch eine Nachbearbeitung zur Vermeidung eines Seitenumbruchs.
Mehrere Systeme
Die automatische Erkennung untersucht neben dem Kaltwassersystem natürlich auch Warmwasser- und Zirkulationssysteme. Anlagen mit zentraler oder dezentraler Warmwasserbereitung werden ebenfalls erkannt und im Schema abgebildet. Hierbei wird zusätzlich eine thermisch optimierte Positionierung von Warmwasserleitungen oberhalb von Kaltwasserleitungen einkalkuliert.
Vorwandinstallation
Auch die Vorwandinstallation wird adäquat abgebildet. Ob Reiheninstallationen, Ringleitungen, Strömungsteiler oder durchgeschliffene Anbindungen: All diese Besonderheiten werden aus dem Modell abgeleitet und korrekt ins Schema überführt (vgl. Abb. 3).
Verknüpfung zwischen Modell und Schema
Beim automatischen Generieren wird eine bidirektionale Verbindung zwischen den Bauteilen im 3D-Modell und den äquivalenten Symbolen im Schema gespeichert und so eine einfache Navigation zwischen Schema und Modell ermöglicht. Durch die Verknüpfung wird auch das Nachführen des Schemas enorm vereinfacht. Neue Berechnungsergebnisse aus dem 3D-Modell können für die Aktualisierung der Beschriftungen dementsprechend automatisch ins Schema übertragen werden.
Symbolbibliothek
Mit der vorinstallierten Symbolbibliothek existiert bereits eine Auswahl an Symbolen für die gängigsten Einbauteile und daher kann direkt mit dem Ableiten eines Schemas gestartet werden. Unabhängig vom Zeitpunkt ist außerdem das Tauschen von Symbolen ohne Verlust von Informationen oder der Verbindung zum Modell möglich. Zusätzlich kann die Symbolauswahl leicht durch eigene Symbolfamilien ergänzt und anschließend exportiert und z.B. als Firmenstandard im Netzwerk abgelegt werden.
Nachbearbeitung
Um dem Strangschema anhand subjektiver Vorstellungen den letzten Feinschliff geben zu können, werden eine Reihe von Funktionen zur Verfügung gestellt, die eine einfache Bearbeitung der abgeleiteten Schemazeichnung ermöglichen.
Zusammenfassung und Ausblick
Da wir unseren Kunden dieses Werkzeug nicht länger als nötig vorenthalten wollen, werden wir unmittelbar nach der Fertigstellung die erste umgesetzte Disziplin Trinkwasser veröffentlichen. Previews wird es übrigens schon im März auf der ISH 2023 in Frankfurt geben. Die Veröffentlichung der Schemaplanung für Trinkwassernetze stellt einen ersten Schritt dar, die Erstellung von Strangschemata neu zu definieren. Wir sind sehr gespannt auf Ihr Feedback!